Edition 01
2024 - Salzkammergut Fiction
6 Sujets
Edition von 10, signiert & nummeriert
Farbiger Digitaldruck in Archivqualität auf Hahnemühle Photo Matt Fibre 200gsm
Die sechs Drucke der Edition 01 widmen sich aus aktuellem Anlass der europäischen Kulturhauptstadtregion 2024 - dem erweiterten Salzkammergut und basieren auf der provisorischen Ausgabe der Österreichischen Karte 1:50 000 (1945-1970) des Bundesamts für Eich- und Vermessungswesen. Dieses Kartenwerk wurde von Hand gezeichnet und in einem aufwändigen lithografischen Verfahren gedruckt. Dabei wurde für jede Farbebene eine eigene Druckvorlage erstellt und nacheinander auf das Papier aufgebracht. Dieses Kartenwerk wurde hier mit dem österreichischen Geländemodell, das aus Laserscans durch Befliegungen in einer Auflösung von 10x10 Metern erstellt wurde, (als open source Daten hier verfügbar) digital kombiniert. Die daraus resultierenden Bilder werden als hochwertiger Kunstdruck zweidimensional auf Papier gedruckt. Durch diese Kombination entsteht eine räumliche Landschaft, die durch Licht und Schatten zu einem plastischen Relief wird.
Fiktives Salzkammergut
Die originale Farbgebung wurde hier verfälscht um den künstlichen Charakter der Landschaft zu überhöhen. Diese Künstlichkeit, die zu dem Titel der Edition “Salzkammergut Fiction” geführt hat, begründet sich durch die theoretische Auseinandersetzung mit dem Thema der kartographischen Darstellung von Landschaften. Durch die exakte Vermessung und Projektion, sowie die klassische “natürliche” Farbgebung wird meist eine geografische Wahrheit und “Objektivität” der Kartendarstellungen suggeriert, die so meiner Meinung nach nicht existiert. Diese Fiktion wird in der Edition 01 zum Thema.
God’s eye view
Der Blick, der durch Landkarten erzeugt wird gleicht einem fiktiven “god’s eye view”, der so in keiner verkörperten Form existieren kann. Durch die gleichmäßige skalierung der Landschaft anhand der Regeln der linearen Perspektive, kann die Betrachter*in frei über die Landschaft blicken und diese dadurch visuell “erobern”. Dies ist eine grundlegende Erkenntnis die der französische Philosoph Bruno Latour in seinem Text “Visualisation and Cognition: Drawing Things Together” herausarbeitet. Es entsteht durch die Darstellung der Eindruck einer rationalen Betrachtungsweise von Landschaften, die es erst überhaupt ermöglicht unbekannte Landschaften zu kontrollieren und zu erobern.
Wozu Karten zeichnen?
Mit welchen Intentionen wird Kartographie überhaupt betrieben? Menschen, die in einer Landschaft leben und in diese eingebettet sind brauchen zumeist keine Landkarten zur Orientierung im alltäglichen Leben. Es sind Menschen, die eine Landschaft nicht (gut) kennen, die auf Karten angewiesen sind. Vor allem Menschen und Institutionen, die eine Region kontrollieren und Macht (politisch, militärisch, bürokratisch etc.) ausüben wollen, haben großes Interesse eine “objektive” Darstellung der Landschaft zur Verfügung zu haben. Historisch dienten Landkarten oft militärischen Zwecken um Distanzen abschätzen zu können. Mehr und mehr wurden Landkarten für die Verwaltung und Kontrolle einer Bevölkerung verwendet. Dies ermöglichte zentralisierte Machtverhältnisse herzustellen, sowie Kolonialherrschaft zu etablieren. Dadurch wurde es möglich Ressourcen (Salz, Holz etc.) zu quantifizieren und deren Ausbeutung zu planen und zu argumentieren. Auch das hält Latour für einen zentralen Vorteil von Landkarten - die einfache Tatsache, dass man nun sagen kann: “Du glaubst mir nicht? - Schau her, ich zeig es dir!”.
Mögliche Zukünfte der Kartographie
Die Grundlage der Edition 01 kann auch im Kontext von Machtverhältnissen betrachtet werden. Der Staat und dessen Institutionen hatten immer ein großes Interesse vom “weit” entfernten Wien aus das Salzkammergut und dessen Bevölkerung zentralisiert zu regieren. Beispielsweise sind in einigen der Karten detaillierte Schneisen für den Holzeinschnitt zu erkennen, die ein Interesse an dem Holzvorkommen (vor allem im Zusammenhang mit dem Salzabbau) zu erkennen geben. Selbst heute, wo digitale Karten allgegenwärtig und leicht zugänglich sind, gibt es kartographische Darstellungen, die Macht in sich bündeln. Im Zusammenhang mit der Klimakatastrophe werden heute Daten vor allem von Satelliten erhoben und verarbeitet, anhand derer beispielsweise Waldgesundheit, Wasservorkommen, Niederschlag, Temperaturentwicklung etc. abgelesen und vorhergesagt werden können. Diese Informationen haben große politische Relevanz für die kommenden Jahrzehnte und bilden bereits heute Auswirkungen der Klimakatastrophe ab. Wer diese Daten hat und richtig interpretiert, kann diese in Entscheidungen einfließen lassen. Kartographie ist hier zentral und hochpolitisch - Sie kann gleichermaßen Werkzeug der Unterdrückung wie Mittel demokratischer Emanzipation sein.
Bruno Latour, Visualisation and Cognition: Drawing Things TogetherPerspective is not interesting because it provides realistic pictures; on the other hand, it is interesting because it creates complete hybrids : nature seen as fiction, and fiction seen as nature, with all the elements made so homogeneous in space that it is now possible to reshuffle them like a pack of cards.